Drogenhandel bald im BIP

Es war mal wieder die Satire, die mich hellhörig werden ließ, und zwar „Frühstückspause mit Jünemann & Pispers“ auf WDR2. Hier erfuhr ich in lässigem Plauderton, dass Kriminalität schon bald mit ins BIP eingerechnet werden soll, konkret war damit Drogenhandel und Zigarettenschmuggel gemeint. Vielleicht wisst Ihr es ja schon? Aber ich konnte es erst wirklich nicht fassen, doch war im Netz unter dem Suchbegriff „Drogenhandel im BIP“ gleich einiges zu finden…

Auf direkte Nachfrage beim Statistischen Bundesamtes Destatis erhielt ich einen Link zu folgender Seite: „Zur Erfassung illegaler Aktivitäten im BIP„, die das dann „hoch offiziell“ bestätigt.

Aber es geht noch völlig absurd weiter…

Auch der Kauf von Raketen und Panzern soll zukünftig nicht mehr als Ausgabe verbucht werden, sondern als Investition und erhöht dann ebenfalls das Bruttoinlandsprodukt. (Auch das wurde mir auf Nachfrage bei Destatis per Email explizit bestätigt.)

Die ersten Ergebnisse der sog. VGR-Generalrevision 2014 werden am 14. August 2014 im Rahmen der BIP-Schnellmeldung zum 2. Quartal 2014 veröffentlicht (nur BIP). Detailliertere Ergebnisse folgen am 1. September 2014 im Rahmen einer ausführlichen Pressemitteilung.

Grund für diese Zahlen-„Schönung“ ist aber nur die künstliche Aufrechterhaltung der Leistungsfähigkeit einer Wirtschaft nach außen – das berühmt berüchtigte „Potemkinsche Dorf“ – sondern noch ein weit gravierender:

Laut EU muss die Neuverschuldung eines Landes unter 3% des BIP liegen. D.h. je höher wir das BIP – gewissermaßen durch Etikettenschwindel und windige Zahlenerhebung, wie Schätzungen und Hochrechnungen aus Befragungen z.B. von Drogenkonsumenten (siehe Artikel und Infoblatt Destatis) – aufblasen, desto mehr neue Schulden sind möglich und der Schein bleibt – wieder einmal – gewahrt…

Hier der Link zu einem Artikel im Handelsblatt vom 17.06.14:

Bildschirmfoto 2014-07-14 um 15.29.21

„Je bekiffter ein Volk ist, desto mehr Schulden darf es machen! Und je mehr Panzer & Waffen die Griechen bei uns kaufen, desto mehr Schulden dürfen die dann machen.“ Pispers & Jünemann nennen es „bekloppt“, die Herrschaften in Brüssel nennen dies „volkswirtschaftliche Gesamtrechnung“.

Dass man bei diesen ganzem Zahlenspielereien keinen Unterschied zwischen legal und illegal macht, erstaunt mich nicht. Scheint man sich ja selbst nicht daran zu halten…

Außerdem ist schon lange bekannt, dass Unglücke und Katastrophen ebenfalls das BIP ankurbeln (→Auf der Suche nach dem rechten Maß).

Und was zeigt es uns wieder einmal mehr: Wenn es der Wirtschaft gut geht, dann muss es den Menschen deshalb noch lange nicht gut gehen…

Ich sage dazu: Absoluter Irrsinn und Volksverdummung unter der Tarnkappe eines angeblich fundierten und aussagekräftigen Index. Der Manipulation sind einfach definitiv Tür und Tor geöffnet. Getreu der Devise: „Glaube nur der Statistik, die Du selbst gefälscht hast.“ Stammt angeblich von Winston Churchill und war schon während meines BWL-Studiums in den Statistikkursen ein geflügeltes Zitat ;-).

Übrigens: Die Schattenwirtschaft ist seit der Einführung des ESVG1995 im Jahr 1999 im BIP enthalten. Diese Aktivitäten sind allerdings statistisch schwer zu erfassen und werden überwiegend durch Zuschläge in einzelnen Wirtschaftsbereichen erfasst. Ein getrennter Nachweis der Schattenwirtschaft erfolgt in Deutschland in der amtlichen Statistik nicht. Das ESVG gilt in der EU, wie Schattenwirtschaft in anderen Staaten behandelt wird, wissen wir nicht. (Auszug aus der Antwortemail von Destatis vom 10.07.14 auf meine Frage zur Erfassung der Schwarzarbeit im BIP)

In dieser Logik spielt ganz offensichtlich Moral keine Rolle. Was sagt das aber über das System?

Hier weitere Blogbeiträge, zum Thema BIP:
„Das war doch schon immer so …“
Auf der Suche nach dem rechten Maß
Suffizienz – was ist das denn?
Heute noch BIP – morgen schon Happy Planet Index?!
Sand – die neue Umweltzeitbombe
Knock-out-Kriterium „Unwirtschaftlichkeit“

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