Ich habe es ja schon in einigen Artikeln thematisiert: Wir – die Bevölkerung der Industrienationen – stehen vor einer noch nie da gewesenen außergewöhnlichen Herausforderung: Und zwar der, sich zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte im großen Stil freiwillig selbst zu beschränken!
Konkret heißt das: weniger zu (ver- und ge-)brauchen, als es uns möglich ist. Und das nicht nur aus ethischen Gesichtspunkten, sondern auf Grund von existenziellen Aspekten.
Heißt: Bewusster Verzicht zum Wohle von allen & allem. Aber letzten Endes für uns selbst! Das setzt einen sehr hohen Bewusstseinsstand voraus. Das ist mir klar.
Denn der Verzicht bezieht sich auf die Ressourcen (siehe Artikel 3 Erden für die Europäer – 5 für die Amerikaner), aber eben demzufolge auch auf die theoretisch zur Verfügung stehende Technologie! Letzteres scheint mir sogar noch viel schwieriger durchzusetzen.
Aber es hat auch seinen Reiz, wie ich im Folgenden ausführen möchte:
Im Allgemeinen weckt die Befriedigung bestehender Bedarfe die menschliche Fantasie nach neuen (siehe Hobbes‘ Definition von Glück). Das Rennen ist nicht zu gewinnen und wir ruinieren zudem dabei unsere natürlichen Lebensgrundlagen, wenn wir weiterhin so wirtschaften wie bisher.
Umso wichtiger ist es für eine vollständige ökonomische Betrachtung auch auf die Seite der Bedarfe zu schauen und – wie bereits mehrfach erwähnt – gelungenes (= erfolgreiches) menschliches Leben neu zu definieren. Dass es eben nicht darin besteht, jedem Bedarf hinterherzulaufen, nicht Getriebene(r) im Räderwerk sich ständig erweiternder Bedürfnisse zu sein.
Bewusst auf etwas verzichten zu können, auf Dinge warten zu können, sich am Bestehenden zu erfreuen und die Beziehung zum Existierenden zu pflegen – statt immer nach Neuem zu verlangen. All dies sind Tugenden, die ein gelungenes menschliches Leben ausmachen.
Suffizienz und Effizienz gehören somit zukünftig untrennbar zusammen. Dessen muss sich aber auch die ökonomische Theoriebildung besinnen.
Und was können wir tun? Wir können zumindest bei uns und vor allem bei unseren Kindern und der Jugend anfangen, Bewusstsein für eine neue Form des erfolgreichen Lebens zu schaffen und danach unser Handeln ausrichten.
Am reichsten sind die Menschen, die auf das Meiste verzichten können.
Rabindranath Thakur (Literaturnobelpreisträger 1913)
Sind wir mit unserem Leben zufrieden, müssen wir (vermeintliches) Glück nicht kaufen. (Wirkliches Glück ist nicht käuflich!)
Der Verzicht gibt. Er gibt unerschöpfliche Kraft des Einfachen. Der Verzicht ist die Bereitschaft zu einem anderen Verhältnis.
Das sagte schon Martin Heidecker (deutscher Philosoph).
Verzicht schenkt uns Flexibilität, Unabhängigkeit und innere Freiheit.
Für einen Großteil der Menschheit ein notwendiger, aber noch sehr weiter Weg, dies zu verstehen UND auch zu leben.
Bleibt menschlich!
Iris