Nils Heinrich: …weiß Bescheid

Um wie viel ärmer und humorloser wäre die Welt ohne Satire! Daher kommt heute mal wieder der Satiriker Nils Heinrich (siehe auch →Mac Macht) zu Wort, der das was aktuell so läuft, sprachlich überspitzt und mit verspottendem Unterton – typisch Satire eben – auf den Punkt bringt: 

 „Wenn nichts mehr geht. Wenn jeder europäische Verbraucher restlos glücklich ist, weil er alles hat, was er braucht, brechen für das Wirtschaftswachstum schlechte Zeiten an. Diese Zeiten brechen auch an, wenn sich viele Europäer nichts mehr leisten können, weil sie in bankrotten Ländern leben.

Der Megahit Freihandelsabkommen, der uns allen schon zu den Ohren raus kleckert, soll ja zu sage und schreibe 0,48 Prozent Wachstum führen – jeay! – das wir im Jahr 2027 dann erreicht haben. Ja, da tanze ich doch vor Begeisterung dreimal rückwärts Lambada um den Bochumer Bahnhof! Und dann frag ich laut: 0,48 Prozent, ist das alles? Wenn man nur noch so wenig rausreißen kann und dafür so viel Verbraucherschutz einreißt, wenn also nur noch ein ganz kleiner Krümel Wachstum drin ist, dann haben wir doch den Optimalzustand schon erreicht, oder nicht?! Und das ist der EU auch klar. Und daher sitzen gerade irgendwelche entmenschten Zahlenzombies in irgendwelchen Kellern in Brüssel zusammen und denken sich hinter gut verschlossenen Türen neue abgefahrene Wachstumsbeschleuniger aus, die sie dann mit verwirrenden Kürzeln etikettieren, wie z.B. CETA und TISA. Das klingt so harmlos wie TKKG und ISDN – ist aber nicht so harmlos:

TISA zum Beispiel, soll in Europa die Privatisierung von Trinkwasser vereinfachen, damit liebenswerte Firmen, wie Nestle oder Coca Cola Ihnen das, was jetzt noch aus Ihrem Wasserhahn kommt, bald völlig überteuert in Plastikflaschen verhökern können. Das ist in großen Teilen Afrikas, Asiens oder in den USA schon längst der Fall. Da kommt nur noch Plörre aus dem Wasserhahn. Wasser zum Trinken müssen die Leute kaufen.

Wer etwas so Lebenswichtiges wie Trinkwasser privatisiert, dem traue ich aber auch die Privatisierung anderer Dinge zu: Saubere Atemluft. Die gibt es wahrscheinlich auch bald nur noch gegen Aufpreis. Oder Meinungsfreiheit – könnte man auch kapitalisieren. Noch gibt’s die ja gratis, auch wenn einige Spinner das Gegenteil behaupten. Doch wer weiß, vielleicht darf seine Meinung vielleicht nur noch der frei sagen, der ordentlich Geld dafür bezahlt.

Das wäre die letzte Konsequenz nach der Kapitalisierung der Lebenszeit der Menschen, die wir ja grade mitmachen, wenn man uns vorgaugelt, dass es total wichtig ist, ständig auf Katzenfoto-Kommentare zu antworten. Und dafür braucht es noch nicht mal irgendein Abkommen, sondern nur unseren blinden Willen ohne Widerspruch jeden Mist mitzumachen, weil wir uns einreden, dass das der Lauf der Dinge ist und wir eh nichts dagegen tun können.“ (Nils Heinrich, WDR2 Kabarett, Titel: Wenn nichts mehr geht vom 20. Januar 2014. Leider inzwischen nicht mehr als Podcast verfügbar.)

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