Die Weltseele des Giordano Bruno

Giordano Bruno (1548-1600), ital. Philosoph, war ein radikaler Umdenker seiner Zeit, der die Verbreitung seiner Überzeugungen mit dem Tod auf dem Scheiterhaufen bezahlen musste. Dabei haben seine Thesen – wie ich finde – noch heute unsere Aufmerksamkeit verdient.

Denn bereits vor 450 Jahren hatte Bruno – heute würde man sagen – eine ganzheitliche Sicht der Dinge. „Erkenntnis“ bedeutete für ihn mehr als Wissenserwerb, sondern immer auch inneres Erleben, Intuition, inneres Schauen.

Erkenntnis, Weisheit, Wahrheit, Einheit, Liebe sind ein und dasselbe.

Die Seele des Menschen spiegelt, was Bruno die „Weltseele“ oder auch das „Göttliche“ nennt, wider. Doch dieses „Göttliche“ existiert – so Giordano Bruno – nicht als unabhängige Persönlichkeit.

Gott ist in jedem Teil des Alls gegenwärtig.

Er war der Ansicht: Im All ist weder Mitte noch Umkreis, sondern ist in allem eine Mitte. Und jeder Punkt kann als Mittelpunkt eines Umkreises gelten.

Da nun das Universum in allen Teilen das eine in allem ist, so umfasst jedes Ding die Weltseele. Alles was in Entstehen und Vergehen, in Veränderung und Wechsel existiert, ist ein einiges unendliches unbewegtes Substrat. Materie, Leben, Seele, Wahres und Gutes.

Bruno stellte sich schon damals das All als einen unendlichen, sich ständig verändernden, beseelten Organismus vor.

 Jeder Organismus ist ein Abbild des Weltorganismus.

Er sah die Natur nicht als Material an, dessen sich der Mensch bemächtigen müsse und durch Berechnung beherrschen könne.

Die Seele der Menschen ist dieselbe wie die der Fliegen, der Austern, der Pflanzen, überhaupt jeglichen beseelten Wesens, denn es gibt keinen Körper, der nicht Anteil hätte an der Weltseele.

Goethe, Schiller, Schelling, viele Dichter und Denker, denen die mathematische Naturwissenschaft zu eng war, um die Natur zu erfassen und der Kirchenglaube unmenschlich und zu kurz gedacht erschien, erinnerten sich im 19. Jhd. an die Philosophie Giordano Brunos. Eine Philosophie, die nichts mit der theoretisierenden Gelehrtenweisheit der Professoren gemein hat, sondern lebendiges Denken und Fühlen – ganzheitlich, intuitiv und emotional.

Wer die Güte und Schönheit der Allheit in lebendigem Verständnis zu umfassen vermag, der ist der wahre Mensch, dessen Moralgesetze mit den Naturgesetzen der Welt übereinstimmen werden. (→Projekt Glücksarche)

Der Mensch kann sich – so Bruno – vervollkommnen, wenn er sich als kleiner Teil des ganzen unendlichen Universum begreift. „Böse“ oder unvollkommen ist ein Mensch dann, so Bruno, wenn er die Verbindung zwischen dem Endlichen und dem Unendlichen zerschneidet.

„Die Welt ist unendlich in Zeit und Raum.“ „Die Erde ist nicht Mittelpunkt der Welt.“ „Gott ist eins und nicht drei.“

Mit seinen Ansichten untergrub Giordano Bruno damals die gesellschaftliche Grundlage der alten Ordnung. Steht seine Ethik doch auch im krassen Gegensatz zur kirchlichen Heilslehre.  Seine Postulate ließen keinen Platz für ein „Jenseits“ oder gar „jüngstes Gericht“!

Als „verstockter und unbeugsamer Ketzer“ wurde er durch die Inquisition verurteilt und am 17. Februar 1600 nach schweren Marterungen lebendig auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Übrigens: Erst vor 50 Jahren, 1963, nahm die katholische Kirche die Werke Giordano Brunos vom Index der kirchlich verbotenen Schriften. Und noch später, erst vor 14 Jahren, im Jahr 2000, erklärte Papst Johannes Paul II. die Hinrichtung Brunos auch aus kirchlicher Sicht als Unrecht. Dafür hat’s ganze 400 Jahre gebraucht …

Ganz in diesem Sinne: bleibt menschlich!

Iris

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