Wertschöpfung durch Wertschätzung

Wir sind eine Gesellschaft, die – noch – sehr stark an Geld und wirtschaftlichem Erfolg ausgerichtet ist. Das ist nun mal hinlänglich bekannt. Aber: Wer Leistung fordert, muss Sinn bieten!

Wenn die Wirtschaft weiterhin Leistung von Ihren Mitarbeitern wünscht, kann die Psychologie nicht unberücksichtigt bleiben. Wertschätzung ist mehr als eine Befindlichkeit, nämlich ein Wirtschaftsfaktor mit sehr hohem Potential! 

Die „Anerkennung auf Augenhöhe“ als Grundvoraussetzung für eine erfolgsversprechende Personalführung haben schon meine Profs während des Studiums propagiert. Jetzt – viele Jahre später – wird es endlich auf breiterer Ebene erkannt: Die Bedeutung von „Wertschätzung“.

Einer DER zentralen menschlichen Werte!

Es scheint mir, dass Werte wie Fairness, Respekt, Achtung oder gar Ehrlichkeit – alles Teilaspekte der Wertschätzung – generell in unserer Gesellschaft, aber besonders in der Wirtschaft, unsexy geworden sind. Es wird zwar permanent darüber geredet und es geht zum guten Ton, sich auch in diversen CI’s schriftlich fest zu halten. Aber wirklich gelebt wird es nicht! Kann man sich ja gar nicht leisten; sind sie bisher doch sogar hinderlich im Streben nach noch mehr Leistung und noch mehr Gewinn?!

Dabei sind dies Grundwerte, nach denen sich mehr oder minder jeder von uns sehnt. Weil sie für unser Selbst-Wertgefühl sehr wichtig sind!

Finanzielle Sicherheit allein kann uns das nicht geben! (Das belegen auch zahlreiche Untersuchungen.) Noch dazu in einer Zeit, wo die finanzielle Sicherheit immer fragiler wird (→„Das war doch schon immer so…“).

Aber wie schaut die Realität aus: 

Leider beherrschen viele Führungskräfte größtenteils nicht einmal die Basics der menschlichen Umgangsformen: Die Mitarbeiter sind eine Nummer, ein Produktions- und Kostenfaktor.

Erklärend sei dazu gesagt: Sie sind ja selbst in diesen Mechanismen groß geworden und haben diesbezüglich ein Scheuklappen-Denken entwickelt: Einzig fokussiert auf Ziele, die in Zahlen definiert werden. Selbst überlastet und getrieben von äußeren Zwängen. Geistig gefangen in diesem Wertesystem. Oft sogar als eigene Überlebensstrategie im falsch verstandenen „Survival of the fittest“-Machtkampf.

In den meisten unserer unseren Unternehmen fehlt es an Wertschätzung und zwar in all ihren Ausprägungen. Diese können von Mensch zu Mensch sehr verschieden sein. Es kommt aber immer aufs Gleiche heraus. D.h. die Berücksichtigung der persönlichen Bedürfnisse & Befindlichkeiten.

Deutschland hat keine Rohstoffe. Unser Kapital ist das Humankapital und damit die menschliche Motivation!

Also ist Wertschätzung nicht nur aus ethischen Gründen sinnvoll, sondern zahlt sich für die Unternehmen auch in barer Münze aus.

Fehlende bzw. mangelnde Wertschätzung ist eine der Hauptursachen für Stressreaktionen und hat somit direkte Auswirkung auf die Gesundheit:

Permanenter Druck ohne Rücksichtnahme auf die persönlichen Befindlichkeiten minimiert bekanntermaßen die Leistung bis hin zum Totalausfall in Form von psychischen (Burn-out, Depression etc.) und psychosomatischen (Herz-Kreislauf-Beschwerden, Bandscheibenvorfall etc) Erkrankungen. Diese sind in den letzten Jahren eklatant gestiegen.

Der volkswirtschaftliche Schaden ist immens. Die direkten Kosten, verursacht allein nur durch die psychischen Erkrankungen: 7 Mrd. €!

Aber auch die innere Kündigung bzw.  der „Dienst nach Vorschrift“ ist eine Auswirkung von mangelnder Wertschätzung. Es verhindert zum einen die volle Ausschöpfung der möglichen Leistungspotenzials eines Mitarbeiters, zum anderen erhöht es die Fehlerwahrscheinlichkeit, nur um einige Konsequenzen für das Unternehmen zu nennen.

Neueste Untersuchungen zeigen, dass bereits jeder vierte Beschäftigte keine emotionale Bindung mehr zum eigenen Unternehmen hat. Nach meinen Erfahrungen ist der Anteil sogar deutlich höher. Lasst mich schätzen: Jeder zweite bis dritte?!

Bei der großen Bedeutung des Wertes „Wertschätzung“ ist jedoch eines sehr wichtig:

Nur aufrichtig gemeinte emphatische Wertschätzung zeigt ihre Wirkung. Sobald sie als manipulativ enttarnt wird, wirkt sie sogar kontraproduktiv und geht nach hinten los!

Und eins steht fest: Eine Kutsche wird nicht vom Klang der Peitsche gezogen, sondern von den Pferden.

Bleibt menschlich!

Iris

P.S. Dieser Beitrag entstand nachdem ich gestern den podcast von BR2 mit dem Thema „Anerkennung auf Augenhöhe“ gehört hatte. Wer mehr über menschenzentrierte Unternehmensführung erfahren möchte, kann auf die Seite von Boris Grundl gehen – einem tollen Führungstrainer und Buchautor.

2 Gedanken zu „Wertschöpfung durch Wertschätzung

  1. Daniel

    Ich finde dies einen sehr interessanten Ansatz, „Wetschöpfung durch Wertschätzung“. Und dennoch möchte ich dies – da mich dieses Thema selbst beschäftigt – von der anderen Seite betrachten. Das Pferd also von der anderen Seite satteln, um den Schluss deines Beitrages aufzugreifen.
    Da du ja Unternehmen, Firmen und Chefs ansprichst, die in eben jenen Unternehmen mehr ehrliche Wertschätzung an den Tag legen sollen, um die Mitarbeitermotivation und die Bindung an das Unternehmen zu steigern, so unterstreiche ich das zu 100 Prozent.
    Dies ist aber auch begründet, und deshalb die Betrachtung von der anderen Seite, dass mittlerweile viele „Kunden“ eben nicht nur die Produkte als Mittel zum Zweck konsumieren. Die Kunden suchen nach Produkten und DLs, die nicht nur nutzenstifend sind, sondern die auch ein „gutes Gefühl“ vermitteln (z.B. aus ökologischer Sicht). So sollten sich die Unternehmen weiterentwickeln, von der Produktorientierung über die Verbraucherorientierung hin zur Werteorientierung. So hat Philip Kotler das werteorientiere Geschäftsmodell als „Killerapplikation des Marketing 3.0“ bezeichnet. Und den daraus resultierenden Gewinn, der neben dem monetären einer der wichtigsten Aspekte der Unternehmen in Zukunft werden soll: Der Gewinn an Wertschätzung der Kunden und die daraus entstehende Bindung. Ich glaube, dass die Zukunft vieler Unternehmer genau darin liegen kann, wenn eben auch diese Bausteine in der Weiterentwicklung berücksichtigt werden. Der Kunde ist nicht nur mehr reiner Konsument, auch und besonders an dieser Schnittstelle muss auch die Wertschätzung einsetzen. Stichwort: „Vom Konsumenten zum Prosumenten“, aber das würde jetzt an dieser Stelle zu weit führen.
    Aber das Fazit könnte dasselbe sein, wie es schon im Titel deines Beitrages steht „Wertschöpfung durch Wertschätzung“
    Daniel

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  2. dilettanti Beitragsautor

    Das was Du hier schreibst ist genau das: „hin zum menschlichen Maß“ und zwar mit echten Win-Win-Ergebnissen 😉 Das macht ja das Ganze so begehrenswert!
    Leider ist unsere Politik noch nicht so weit und so verschlafen die Unternehmer diese Entwicklung (noch) ungestraft..
    Ich hab gerade eine Rundmail vom BDS (Bund der Selbstständigen) Bayern bekommen, bei denen ich noch Mitglied bin. Hier werde ich „aus aktuellem Anlass“ gleich noch einen Artikel schreiben, zeigt das doch das gängige Bewusstsein…
    Dir einen sonnigen Tag! Iris

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